Sonntag, 29. Mai 2011

Das Moralische am Geld
– eine philosophische Betrachtung


Geld ist sexy – das wissen wir schon lange. Geld hat eine magische Anziehungskraft. Dass aber Geld moralisch sein soll, klingt abwegig. Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Geld ist schmutzig, die Ursache vielen Übels.
Das Wort „moralisch“ beinhaltet an sich aber keine Wertung. Moralisch heisst nicht moralisch gut oder schlecht, richtig oder falsch. Moralisch bedeutet nur, dass etwas aus der Sicht der Moral von Bedeutung ist, in irgendeiner Form.
Geld an sich ist weder moralisch gut noch schlecht. Dennoch ist Geld etwas genuin Moralisches, weil es ein wichtiges Terrain der Moral darstellt, einen zentralen Bereich der moralischen Relevanz.
Diese moralische Bedeutung von Geld liegt nun gerade darin, dass es so sexy ist. Seine enorme Anziehungskraft speist sich nämlich aus seiner unübertroffenen Universalität. Es gibt kein Mittel, das so vielseitig verwendbar ist – sowohl für gute als auch für schlechte Zwecke.
Man kann für Geld alles haben, weil alle Geld haben wollen. Und warum wollen alle Geld haben? Weil man für Geld eben alles haben kann. Das ist natürlich eine zirkuläre Begründung, doch fällt es schwer, die universale Funktion des Geldes nicht aus sich selbst heraus zu erklären.
Als das universalste aller Mittel verkörpert Geld eine ganz besondere Freiheit. Eine fundamentale Freiheit, denn ohne Geld ist es den meisten Menschen heutzutage nicht einmal möglich, ihre elementaren Bedürfnisse zu befriedigen. Und eine sehr umfassende Freiheit, da ja fast alles käuflich ist. Geld ist das ermöglichende Medium par excellence.
Freiheit wiederum stellt die Grundlage der Moral dar. Ohne Freiheit ist nämlich keine Moral möglich, denn jedes Tun, das durch einen inneren oder äusseren Zwang herbeigeführt wird, entzieht sich der moralischen Beurteilung. So sind etwa Haustiere nicht moralfähig, weil sie nur entweder ihrem Instinkt oder ihrem Herrn folgen und keine freien Entscheidungen treffen können.
Freiheit bedeutet eigentlich nichts anderes, als dass man in der Lage ist, moralisch zu handeln, moralisch richtig oder falsch. Diese Erkenntnis steht im Mittelpunkt der Moralphilosophie von Immanuel Kant, dem wohl bedeutendsten abendländischen Denker der Neuzeit. Kant geht aber noch einen Schritt weiter und verbindet die Freiheit der Selbstbestimmung mit dem moralisch Guten und den Zwang der Fremdbestimmung mit dem moralisch Schlechten.
Da wir nun das Geld als universalen Träger von Freiheit identifiziert haben, ist klar, dass dem Geld die Qualität des Moralischen in einem besonders hohen Mass zufällt. Das bedeutet einerseits, dass mit dem Verfügen über Geld eine moralische Verantwortung untrennbar verbunden ist. Menschen und Unternehmen können diese Verantwortung leugnen, doch entziehen können sie sich ihr nicht.
Andererseits stellt die Verteilung von Geld zugleich eine Verteilung von Freiheit dar. Aus moralischer Sicht muss deshalb eine ungleiche Verteilung von Geld in der Gesellschaft genau so gut begründet werden wie eine ungleiche Verteilung von fundamentalen Freiheiten. Die Geldversorgung der Menschen und Unternehmen sollte derselben demokratischen Kontrolle unterstellt werden wie die Festlegung der staatsbürgerlichen Freiheitsrechte.

Mark Joób, Philosoph
(im Auftrag hochgeladen von Dominik Riedo)
Geld ist Vieles

Geld ist Vieles, Möglichkeit und Grenze, geronnene Liebe und Hass. Geld ist Schmiermittel wirtschaftlicher Aktivität aber auch Bremsklotz. Geld ist Hintergrund der meisten Machtfäden, Vordergrund des zwischenmenschlichen Showbusiness. Geld de- und generiert die Welt.
Im Sparstrumpf ist Geld, auf der Bank, im Abfalleimer. Geld können wir verstecken, vorzeigen, über den Tod hinaus vererben, aber nicht ins Jenseits mitnehmen.
Geld ist Anweisung auf das Sozialprodukt, aber auch Anmassung auf das Sozialprestige.
Geld ist nicht alles, aber es… (ja, ja, wissen wir). Der Golf von Mexico leidet wegen der Geldsucht. Warren Buffet hat viele Moneten. Alles ist uns feil um Geld? Morgen muss ich zum Geldautomaten. Was steuert dein Dreieck Mensch-Mensch-Natur?
Nur Geld?

Markus Stadler glp
(im Auftrag hochgeladen von Dominik Riedo)
In God we trust

„Sag mal, Bill, was soll dieser Spruch auf eurer Währung?“
„Was meinst du damit?“
„Nun, Ihr habt doch eine Trennung von Kirche und Staat. Warum druckt beziehungsweise prägt der Staat dann eure Banknoten und Münzen mit diesem religiösen Spruch ‚In Gott ist unser Vertrauen?“
„Das ist kein religiöser Spruch.“
„Wie bitte?“
„Es ist kein religiöser Spruch. Zwar wurde das von Atheisten behauptet, die mehrmals Klage erhoben und eine sogar bis zum Obersten Gerichtshof zogen, doch das Gericht befand, dass er “durch ständige Wiederholung jeglichen religiösen Inhalt verloren hätte".
„Das erinnert mich an die Anekdote über Kardinal Mazarin, Ministerpräsidenten des französischen Königs Louis XIV. Mazarin reiste viel und wurde überall fürstlich bewirtet. Einmal musste er jedoch an einem Freitag in einem kleinen Gasthof übernachten, wo kein Fisch zu haben war. Es gab nur Hühnerfleisch. Kurz entschlossen liess der Kardinal das Hühnchen servieren, machte das Zeichen des Kreuzes darüber und sprach ‚Hühnchen, ich taufe dich Karpfen‘, worauf er es dann genüsslich verspreiste.“
„Ich glaube nicht, dass…“
„Lassen wir das. Was mich beunruhigt ist, dass dieser Spruch das Vertrauen in die Dollarwährung unterminiert.“
„Wieso denn das?“
„Nun, es ist doch ein indirekter Hinweis, dass man einen Irrtum begeht, wenn man dem Dollar vertraut. Hätte es daher nicht besser heissen sollen, ‚In this God we trust?“
„Dein Zynismus wird langsam unerträglich, Mike!“
„Nein, Bill, das ist kein Zynismus, das ist Zorn, Zorn über eure unerträgliche Heuchelei. Ihr rennt jeden Sonntag in die Kirche und für euch ist ein Atheist fast so schlimm wie ein Kommunist. Euer Vertrauen gilt aber nicht Gott sondern euren Dollars, von denen Ihr jährlich über fünfhundert Milliarden Dollar ausgibt, um in andere Länder im Namen der Demokratie einzufallen, den Tod Hunderttausende unschuldiger Zivilisten als ‚Kollateralschäden‘ in Kauf nehmend.“
„Du versteht eben keine Realpolitik“.
„Das mag sein. Angesichts der enormen Schulden, die Ihr mit euren Abenteuern anhäuft, kann ich jedoch nur raten, dass sich jeder von euch das berühmte Schild über sein Bett aufhängt: In God we trust. All others pay cash.


Michel Mortier
wmortier@bluewin.ch
(im Auftrag hochgeladen von Dominik Riedo)
Wachsdumm


2010 – so wird berichtet
hat die Zahl von
high-net-worth-individuals
kurz HNWI
erfreulich stark zugenommen

so stieg die Anzahl von HNWI-Personen
welche über ein Netto-Gesamt-Vermögen
von über 1‘000‘000 $ verfügen
nach dem Finanzschnupfen von 2008
wieder auf über 10 Millionen.
Ihr Vermögen stieg um 20% auf
40‘000‘000‘000‘000 $
- also sogar fünfmal so schnell
wie das durchschnittliche Wirtschaftswachsdumm

erfreulicherweise stieg auch die Menge
der Ultra-HNWIs mit einem NGV von über 30‘000‘000 $
um beachtliche 21,5% auf über 100‘000 Exemplare

erfreulich auch
dass die HNWIs in Afrika
stark angestiegen sind
- wenngleich ‚auf sehr niedrigem Niveau’
wie eingeräumt wird.

es braucht nicht viel Phantasie
um sich vorzustellen
wohin das führt
und ein jeder Oberschüler wird leicht errechnen können
dass – gleiches Wachsdumm vorausgesetzt –
spätestens im Jahre 2011+X
die ganze Welt
nur noch von HNWIs bevölkert sein wird.

(sollte auch das Wachsdumm selber weiter wachsen
sogar früher)

ein Wehrmutstropfen bleibt:
nach der mathematischen Logik
werden immer einige übrig bleiben
die vom Wachsdumm nicht betroffen werden können –

ihnen gebührt jetzt schon
unser Mitgefühl….

© Roger Staub 2011