Montag, 4. Juli 2011

Der Geist denkt, das Geld lenkt

Dieses Zitat von Oswald Spengler (deutscher Kultur- und Geschichtsphilosoph †1936) deutet in knapper Form die wesentlichen Funktionen von "Geist" und "Geld". Obwohl es eher abstrakte Begriffe sind, haben sie direkte und sofort spürbare Auswirkungen im Alltag. Auch ich erfuhr deren Kraft in meinen Jugendjahren. Wegen des fehlenden Geldes konnte ich selbst kleine Wünsche nicht realisieren, hochfliegende Pläne blieben zwangsläufig unrealisierte Gedankenspiele. Sackgeld war damals unüblich. So konnten auch der bestenfalls einmal jährlich anfallende Göttibatzen oder die selber betriebene Hasenzucht nicht verhindern, dass viele meiner Wunschvorstellungen Träume blieben. War das schlecht? Wohl kaum!
Ich habe diese Grenzen respektiert und gelernt, damit umzugehen. Heute bin ich froh, dass ich mich nicht verschuldete. Denn was sind Schulden anderes, als sich heute zu leisten, was morgen zu bezahlen wäre?
Solche Grenzen waren mir vielmehr Ansporn, den Geist etwas mehr anzustrengen und mit Ideen und Engagement den finanziellen Rahmen auszuweiten.
Das mangelde Geld hat mich insofern positiv beeinflusst, und ich bin dankbar für die so gelernten Tugenden, die leider heute manchenorts abhanden gekommen sind.

Doch was war zuerst, das Geld oder der Geist? Ist die Frage richtig gestellt? Oder vielmehr: Was ist wichtiger - Geist oder Geld?
Ich bin überzeugt, dass Geist eine viel wichtigere Bedeutung hat als Geld. Geist manifestiert sich in Wissen, in Geschmack, in Kunst, Gebäuden, in Ethik aber auch im Charakter und in Verhaltensweisen. Geist zeigt sich auch darin, was wir negativ werten, z.B. Gier, Geiz und Missgunst.
Sein Ursprung liegt also seit Anbeginn im Kern des Menschen und damit viel weiter zurück als das Geld. Erst der erfinderische Mensch schuf das Geld, also hat der Geist das Geld geschaffen.
Eine sinnvolle Erfindung, denn erst mit Geld konnte der Güteraustausch rationell vollzogen werden. Zumindest wäre ohne Geld der Tausch meiner gezüchteten Hasen in die so begehrten Levis-Jeans oder einen Radiorecorder erheblich schwieriger gewesen.
Heute tätigen wir mit Geld millionenfachen Tausch von Waren und Dienstleistungen. Was so banal scheint, ist zum hochkomplexen zentralen Nervensystem unserer Volkswirtschaft geworden. Zu einem ausgeklügelten Zusammenspiel vieler Player, die eng miteinander verflochten sind.
Die Finanzkrise stoppte die Höhenflüge jäh und führt uns vor Augen, wie fragil das System plötzlich werden kann und wie sehr wir davon abhängen.

Geld ist im Grunde eine Vertrauensfrage. Ohne Vertrauen ist Geld bloss wertloses farbiges Papier mit Bildern und Ziffern. Die aktuelle Entwicklung des Euro-Kurses lässt grüssen.


Halten wir uns an Oswald Spengler:
Der Geist denkt, das Geld lenkt, dann werden wir auch diese Herausforderung meistern.

Peter Hegglin, Regierungsrat, Finanzdirektor Kanton Zug

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